Türkenkriege des 16. Jahrhunderts

Türkenkriege des 16. Jahrhunderts
Türkenkriege des 16. Jahrhunderts
 
Das türkische Reich unter der muslimischen Dynastie der Osmanen hatte 1354 erstmals auf europäischem Boden Fuß gefasst und 1453 in Konstantinopel, der Hauptstadt des vernichteten Byzantinischen Reiches, ein neues Zentrum erhalten. Der Abwehrkampf gegen das sich auf dem Balkan und im östlichen Mittelmeer ausdehnende Osmanische Reich wurde zunächst vor allem von den Kreuzfahrern, dann von den Venezianern getragen. Der Sieg Sultan Sulaimans des Prächtigen über den Ungarnkönig Ludwig II. bei Mohács 1526 brachte sein Reich in unmittelbaren Kontakt zum habsburgischen Länderkomplex, da der spätere Kaiser Ferdinand I. die Nachfolge seines Schwagers Ludwig antrat. Schon bald kam mit dem Bündnis zwischen Sulaiman und Ferdinands Gegenkönig Johann Zápolya von Siebenbürgen die den Habsburgern später noch oft gefährliche Verbindung von innerer Opposition und äußeren Gegnern im Südosten zustande. Hinzu kam, dass der Sultan sich mit dem Gegner der Habsburger im Westen, dem französischen König, verbündete. Dieser außenpolitische Druck trug entscheidend zu der relativ ungehinderten Ausbreitung der Reformation in Deutschland bei.
 
Ein erster türkischer Vorstoß bis Wien (1529) scheiterte. In einem neuen Krieg besetzte der Sultan 1541 den größten Teil Ungarns und machte Siebenbürgen zum Vasallenstaat. Auch errang seine Flotte im Mittelmeer große Erfolge gegen die im Dienst des Kaisers unter Andrea Doria kämpfenden Genuesen. 1571 jedoch vernichtete Don Juan d'Austria, der Halbbruder Philipps II. von Spanien, die Flotte des Sultans bei Lepanto am Golf von Korinth. Wenngleich dieser Sieg politisch nicht genutzt wurde, leitete er den Niedergang der osmanischen Vormacht im Mittelmeer ein. Auf dem Balkan versuchten die Habsburger vergeblich, die Osmanen im »langen Türkenkrieg« 1593-1606 zurückzudrängen. Wie schon früher wirkte sich in diesem Krieg die Opposition der mehrheitlich protestantischen Stände Ungarns und Böhmens gegen die habsburgische Politik der Gegenreformation aus. Durch ein Bündnis mit dem Sultan erzwangen die ungarischen Aufständischen 1606 die Anerkennung ihrer ständischen und religiösen Freiheiten durch Matthias, den Bruder und 1612-19 Nachfolger Kaiser Rudolfs II. In dem Machtkampf zwischen den Brüdern, in dem der menschenscheue und politisch untätige Kaiser auf die Herrschaft in den Erblanden verzichten musste, ließen sich auch die böhmischen Stände 1609 im »Majestätsbrief« ihre Rechte garantieren. Der Versuch Ferdinands II., diese Zugeständnisse rückgängig zu machen, führte zum Prager Fenstersturz, der in den Dreißigjährigen Krieg mündete.

Universal-Lexikon. 2012.

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